Mittwoch, April 25, 2007

neulich im brennslauerberg



prenzelberger familienidyll
der schnieke papa schiebt stolz den kleinen im kinderwagen »seht her, wir haben es geschafft, wir haben schon das zweite kind, das ZWEITE!« ruft sein blick in die runde. die kleidung ist farblich auf die der radspeichen abgestimmt. mama läufte einen halben meter vorneweg (im wedding ist es ja umgekehrt) und hat einen furchtbar wichtigen businesscall zu handeln. hinterher trottet eine 5-jährige die exakt ihre mutter kopiert. sie klemmt sich das plastehandy ans ohr, nickt ganz beschäftigt, macht eine ernste miene und ist hochkonzentriert. irgendwie strange.

und gleich danach ein prenzelberger supagirl
die karotte röhrt so eng und cool es nur irgend geht, eine zerfetzte tasche vom flohmarkt baumelt am arm, die 60s-sonnenbrille verdeckt das ganze gesicht (so eine hab ich auch, klar), irgendwas glitzert und irgendwas bammelt, bling blingt, vielleicht ein paar indische armreifen. auch sie handyfoniert mit eindringlicher hoher stimme »ja ich habe die ganze woche versucht ihn zu erreichen, ja klar mann, aber ich konnte ihn nicht erreichen, weil er war einfach nicht zu erreichen...«
äh, ah, ja.

so ist das. die einen sind so, die anderen sind so und alle sind ganz so doll und im wedding steht mit filzer am mülleimer geschrieben "eh schmeis doch nich hier ey"

Donnerstag, April 12, 2007

run for me


fitness ist angesagt. frühling und so. da kommt man nicht drumrum. schon gar nicht mit nem erfolgreichen halbmarathönnler (und das hat jetzt nichts mit tonne zu tun) an der seite. das kiesersche rückengewichtegehebe macht irgendwie gerade keinen spaß, abgesehen von der immer wieder mienenerhellenden geräteaufschrift "bitte den beinspreizhebel kontrolliert betätigen". der jahresvertrag läuft aus und ein neuer sport muß her. draussen, draussen will ich sein. und weil s ja um die ecke gleich so grünt und sprießt ist laufen eine gute idee. dass man dafür super gut equipt sein muß, is schon mal klar- spätestens nach einem blick in den absatzlastigen schuhschrank. also ab zu "k statt sport" zum lauftest. während ich mir noch überlege, ob ich jetzt tatsächlich vor aller anderen augen aufs laufband steigen will, um mein fußabrollverhalten filmen zu lassen und den demenstprechen teuren äh tollen laufschuh ausfindig zu machen, finde ich mich schon in den fängen einer männlich herben verkäuferin. na ja, is ja jetzt auch egal, denke ich mir, und stolpere geduldig und zumindest versucht elegant übers band. irgendwie werde ich den verdacht nicht los, das es eine echte laufbandtourismusbewegung gibt. manche scheinen nur dahin zu kommen, um anderen beim hecheln zuzusehen. egal, die leute haben ihren spaß, ich meine schuhe.
jetzt tue ich also so, als ob ich sportlich wäre und drehe ab und zu mal ein paar runden. neulich kam ich auf die idee, den rückweg mit einem kurzen einkauf zu verbinden- kennt mich doch keiner hier, dachte ich beim aldi um die ecke. steh ich also knallrot im gesicht an der kasse, dehne derweil ein wenig meine unterschenkel, ringe nach luft, ernte jede menge mittleidige blicke und treffe natütlich prompt eine wedding-neubekanntschaft. auch schön. gleich mal mit den fitmachenden molkedrinks angestossen. man stumpft ja eh ein bißchen ab mit der zeit. in berlin muß einem nichts peinlich sein. ich erinnere nur an frau z aus oranienbaum, die ihren hauptstadtbesuch einmal versehentlich in den heimatlichen roten samtpantoffeln absolvierte. den ganzen tag über fiel es niemandem auf, wahrscheinlich hielt man es eher für einen neuen trend. als sie aber zurück in oranienbaum aus dem auto stieg, schrie gleich der erste passant: was, so warst du in berlin?!?
früher, als ich noch nicht sooo sportlich war wie jetzt, war ich jederzeit gern bereit, über laufwütige zu lästern. wie kann man nur- mitten in der stadt- mit hochrotem kopf- wie peinlich... aber veschwitzt und zugeklebt- auch diese zeiten sind vorbei. vorgestern nämlich erreichte ich die vorerst höchste hürde im "mir-doch-egal-was-die-leute-denken-status". es geschah auf der route tiergarten- regierungsviertel- spree-und zurück. uferwärts wollten wir vorbei am bahnhof friedrichstraße. wollten wie gesagt. stattdessen entpuppte sich der weg als sackgasse. einziger ausweg: die durchquerung des komplett menschenüberfüllten s/u/und.auch.noch.regionalverkehr!bahnhofes. im größten feierabendverkehr joggten wir locker fluffig im gleichschritt durch unzählige gruppen businessgekleideter fassungsloser menschen, deren blicke ich so schnell nicht vergessen werde. mühsam versuchten wir uns die vorangegangenen 40 laufminuten nicht anmerken zu lassen und lässig zu wirken. stockwerk für stockwerk kämpften wir uns voran, die freiheit vor augen. auf den zahlreichen treppen, bekamen wir mehrfach unterstützung- " ihr schafft das", "run for me" und so weiter. vom vielen lachen und vielen laufen bekam ich ziemliches seitenstechen. aber spaß machts trotzdem.